Nachfolgend stellen wir den Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung dar und beantworten die wichtigsten Fragen. Die Änderungen durch das Pflegestärkungsgesetz II zum 1. Januar 2017 sind berücksichtigt.
Das SGB XI wurde im Jahr 2017 erneut reformiert und weiterentwickelt.
Der tatsächliche Unterstützungsbedarf der gegenwärtig 2,7 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland ist besser erfasst; es gibt ein neues Begutachtungssystem. Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung werden ab 2017 erhöht, ebenso der Beitrag um 0,2 Prozentpunkte. Das ist dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz zu verdanken, dass das SGB XI reformiert hat.
Kernstück des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes und damit des SGB XI ist ein neuer Begriff der Pflegebedürftigkeit: Wer benötigt wieviel Pflege? - Im Mittelpunkt steht künftig der tatsächliche Unterstützungsbedarf, gemessen am Grad der Selbständigkeit – es wird nicht unterschieden, ob jemand an einer geistigen oder körperlichen Einschränkung leidet. So wird der reale Pflegebedarf in der Pflegeversicherung besser abgebildet.
Ab dem 1. Januar 2017 gibt es statt der bisherigen drei Pflegestufen fünf Pflegegrade (PG). Viele Betroffen haben in diesem Rahmen einen Anspruch auf höhere Leistungen.
Die Pflegeversicherung veranlasst die Überleitung und versendet Bescheide mit den individuellen Informationen zum Pflegegrad.
Betroffene in vollstationären Pflegeinrichtungen müssen zukünftig einen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil zahlen, wenn sie in die Pflegegrade 2 bis 5 eingruppiert sind. Ist dieser höher als der bisherige individuelle Eigenanteil, so wird der Differenzbetrag automatisch von der Pflegekasse gezahlt. Die Pflegekasse berechnet den Zuschlag und überweist in an die jeweilige Pflegeeinrichtung. Ein gesonderter Antrag ist nicht erforderlich.
Leistungen in Euro | Pflegegrad 1 | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 3 | Pflegegrad 4 | Pflegegrad 5 |
Pflegegeld | - | 316 | 545 | 728 | 901 |
Pflegesachleistungen (ambulanter Pflegedienst) | - | 689 | 1.298 | 1.612 | 1.995 |
Vollstationäre Pflege (Pflegeheim) | - | 770 | 1.262 | 1.775 | 2.005 |
Teilstationäre Pflege (Tagespflege, Nachtpflege) | - | 689 | 1.298 | 1.612 | 1.995 |
Entlastungsbetrag (zweckgebunden) | 125 | 125 | 125 | 125 | 125 |
Das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) hat einen Systemwechsel in der Pflegeversicherung gebracht. Die Pflegebedürftigkeit orientiert sich nicht mehr an einem in Minuten gemessenen Hilfebedarf, sondern ausschließlich daran, wie stark die Selbständigkeit bzw. die Fähigkeiten deines Menschen bei der Bewältigung des Alltags beeinträchtigt sind und er aus diesem Grunde Hilfe bedarf.
Unerheblich ist es, ob die Selbständigkeit aufgrund von körperlichen oder psychischen Einschränkungen beeinträchtigt ist und welche Hilfeleistungen tatsächlich erbracht werden. Es wird allein bewertet, ob die Person die jeweilige Aktivität praktisch durchführen kann.
Die bisherigen drei Pflegestufen werden abgeschafft. An ihre Stelle treten fünf Pflegegrade. Es entfällt auch die Feststellung der eingeschränkten Alltagskompetenz, da diese bei der Begutachtung zur Feststellung eines Pflegegrades mit berücksichtigt wird.
Es wird ein neues Begutachtungssystem (NBA) eingeführt, mit dessen Hilfe der Pflegegrad festgelegt wird. Es berücksichtigt Bereiche wie beispielsweise die Fähigkeit, Gespräche zu führen und Bedürfnisse mitzuteilen oder die eigene Möglichkeit, mit der Erkrankung umzugehen. So können Art und Umfang der Pflegeleistungen genauer auf den jeweiligen Bedarf abgestimmt werden.
Ohne neue Antragstellung und ohne neue Begutachtung werden Versicherte der gesetzlichen Pflegeversicherung, die bereits vor dem 1. Januar 2017 Leistungen aus der Pflegeversicherung erhielten, aus den bisherigen Pflegestufen in die neuen Pflegegrade übergeleitet. Pflegedürftige mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen erhalten anstelle der bisherigen Pflegestufe den nächst höheren Pflegegrad (Regel plus 1). Pflegedürftige, bei denen eine eingeschränkte Alltagskompetenz festgestellt wurde, erhalten den übernächsten Pflegegrad (Regel plus 2). Es gilt Bestandsschutz: Niemand wird durch die Umstellung schlechter gestellt. Verbesserungen werden automatisch zuerkannt.
Es gilt der Grundsatz Rehabilitation vor Pflege. Im Pflegegutachten wird eine Empfehlung für eine Rehabilitationsmaßnahme ausgesprochen, sofern eine Rehabilitation, also der Erhalt, die Verbesserung oder Wiedergewinnung der Selbstständigkeit, möglich erscheint. Diese Empfehlung führt unmittelbar zu einem Rehabilitationsantrag – wenn die pflegebedürftige Person einverstanden ist.
Die Versorgung mit Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln wird vereinfacht. Die Pflegebedürftigen müssen künftig keinen Antrag für Hilfs- und Pflegehilfsmittel stellen, die für ihre Selbstständigkeit oder die Erleichterung der Pflege wichtig sind. Ausreichend ist, wenn der Gutachter im Rahmen der Prüfung der Pflegebedürftigkeit diese Hilfsmittel empfiehlt und die pflegebedürftige Person mit der Empfehlung einverstanden ist. Eine ärztliche Verordnung ist dann nicht erforderlich.
Die Pflegebedürftigen können aus den Angeboten der von den Pflegekassen zugelassenen ambulanten Pflegedienste frei wählen. Die Wahl ist unabhängig davon, ob diese Angebote körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung betreffen.
Die Pflegeberatung wird ausgebaut. Angehörige und Pflegebedürftige werden über Entlastungsangebote wie Pflegekurse oder Freistellungsmöglichkeiten nach dem Pflegegesetz oder Familienpflegegesetz informiert. Die Beratung kann auch in der Wohnung oder der Pflegeeinrichtung erfolgen.
Der von den Pflegebedürftigen in vollstationärer Pflege zu zahlende pflegebedingte Eigenanteil ist ein einheitlicher Eigenanteil, der in der jeweiligen Einrichtung, dem Pflegeheim, für alle gleich hoch ist. Die zu zahlenden einrichtungsindividuellen, pflegebedingten Eigenanteile in den Pflegegraden 2 bis 5 sind also gleich hoch und erhöhen sich nicht mehr aufgrund steigender Pflegebedürftigkeit. So lassen sich auch bei zunehmender Pflegebedürftigkeit die langfristen Kosten besser kalkulieren.
Für Pflegebedürftige, deren einrichtungseinheitlicher Eigenanteil im ersten Monat nach der Umstellung auf Pflegegrade höher als der jeweilige individuelle Eigenanteil im Vormonat ist, zahlt die Pflegekasse einen Zuschlag in Höhe der Differenz – automatisch, ohne Antrag.
Pflegepersonen, die Angehörige zu Hause pflegen, werden durch die Pflegereform besser sozial abgesichert. So zahlt die Pflegekasse Beiträge zur Rentenversicherung für Pflegepersonen, die Pflegebedürftige im Pflegegrad 2 bis 5 wenigstens 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig zwei Tage in der Woche, zu Hause pflegen.
Die Pflegeperson ist zudem in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Der Unfallversicherungsschutz umfasst alle Bereiche, die für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit berücksichtigt werden. Auch die Hilfen bei der Haushaltsführung sind in den Unfallversicherungsschutz mit einbezogen.
Wenn die Pflegeperson ihre Beschäftigung wegen der Pflegetätigkeit unterbrochen oder aufgegeben hat, so zahlt die Pflegekasse für die Dauer der Pflege auch die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.
Für Kinder gibt es Sonderregelungen. Kinder im Alter von bis zu 18 Monaten werden bei gleicher Einschränkung pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft als ältere Kinder und erwachsene Pflegebedürftige. Sie können in diesem Pflegegrad ohne erneute Begutachtung bis zur Vollendung des 18. Lebensmonates bleiben.
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Die Pflegeversicherung beruht auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen. Die wichtigste ist das SGB XI.
Im Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung, im SGB XI, sind die wichtigsten Vorschriften darüber zu finden,
Eingeführt wurde das SGB XI durch das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit, Pflegeversicherungsgesetz, PflegeVG. Das SGB XI räumt Ansprüche ein, die notfalls im Klagewege vor den Sozialgerichten geltend gemacht werden können.
Das SGB XI wurde in zwei Stufen reformiert und weiterentwickelt:
Weit mehr als 60 Prozent aller Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause gepflegt. Den großen Teil dieser pflegerischen Versorgung in den eigenen vier Wänden der Pflegebedürftigen wird entsprechend ihrem Wunsch durch Angehörige erbracht. Ohne die pflegerische Hilfe der Angehörigen könnte die pflegerische Versorgung der Menschen in Deutschland nicht sichergestellt werden.
Deshalb wurden im Rahmen der Reform die Leistungen der Pflegeversicherung zur Stärkung der häuslichen Pflege insbesondere durch Kurzzeit- und Verhinderungspflege, Tages- und Nachtpflege und neue ambulante Wohnformen ausgeweitet und flexibler gestaltet.
Pflegebedürftige, einschließlich Pflegebedürftige des Pflegegrades 1, können Leistungen entsprechend ihrer persönlichen Situation kombinieren.
Die Betreuungsleistungen in der ambulanten und stationären Pflege wurden ausgebaut, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und die pflegenden Angehörigen zu entlasten.
In den letzten Jahrzehnten haben sich Erwerbsbiografien und Familienstrukturen verändert und werden sich weiter verändern. Das macht Maßnahmen zur Stabilisierung und flexibleren Gestaltung der häuslichen Pflege und eine deutliche Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf erforderlich.
Im Bereich der stationären Pflege waren Verbesserung der ergänzenden Betreuung der Pflegebedürftigen erforderlich. Zusätzliche Betreuungskräfte, die eng mit den Pflegekräften zusammenarbeiten, tragen zur Verbesserung des Pflegealltags bei.